Umwelt und Entwicklung 2007 Ladakh
Im Sommer 2007 fand eine große Exkursion in den Trans-Himalaya von Ladakh (Nordindien) statt, an der 15 Studierende des Geographischen Instituts, zwei Studierende der Geographie in Bonn sowie ein Student von der Universität Montana/USA teilgenommen haben. Die Exkursion, die unter dem Rahmenthema „Umwelt und Entwicklung“ stand, wurde durch ein Hauptseminar und ein weiterführendes zweitägiges Blockseminar vorbereitet, in dessen Rahmen die naturräumlichen Grundlagen und sozio-ökonomischen Entwicklungsprobleme dieses peripheren Hochgebirgsraumes vermittelt wurden. Aufgrund der geographischen und geopolitischen Lage von Ladakh kann in diesem Raum das komplexe Zusammenspiel der Mensch-Umwelt-Interaktionen im Kontext sich verändernder politischer, ökonomischer und ökologischer Rahmenbedingungen studiert werden. So besaß die Stadt Leh während der Kolonialzeit die Funktion eines montanen Handelszentrums an der Kreuzung wichtiger Verkehrsrouten zwischen Süd- und Zentralasien. Nach der Unabhängigkeit und insbesondere nach dem Indo-Chinesischen Krieg im Jahr 1962 gewann Ladakh zwar auf Grund seiner räumlichen Lage an geostrategischer und militärischer Bedeutung, verlor jedoch gleichzeitig seine zentrale Handelsfunktion. Ein wesentlicher Einflussfaktor stellt der 1974 einsetzende und seitdem expandiere Tourismus mit seinen drastischen räumlichen und sozialen Auswirkungen dar. Dieser Transformationsprozess kann im Hauptbasar von Leh, dem historischen Handelszentrum, identifiziert werden. Eine von den Studierenden durchgeführte Kartierung zeigt die heutige Dominanz an Souvenir-Läden, Restaurants und Internet-Cafes. Unser Programm in Leh, das federführend von Juliane Dame organisiert wurde, umfasste neben der Betrachtung der Stadtentwicklung verschiedene Treffen mit lokalen und internationalen NGOs. In diesem Rahmen besuchten wir beispielsweise die seit 2003 in Ladakh tätige Organisation Tibet Heritage Fund, deren Hauptziel die Erhaltung bedeutender Kulturdenkmäler und der Altstadt von Leh ist. Des Weiteren präsentierte uns Chewang Norphel, der Direktor von Leh Nutrition Project, sein Projekt zur Errichtung „künstlicher Gletscher“, um damit das Problem der begrenzten Wasserressourcen zu lösen. Die limitierte Wasserverfügbarkeit wird insbesondere am Bewässerungsfeldbau deutlich, der in den Seitentälern des Indus aus der Schnee- und Gletscherschmelze gespeist wird und dessen Wasserzuteilung ein ausgeklügeltes Kanalsystem zu Grunde liegt. Im Gegensatz dazu wird die landwirtschaftliche Nutzfläche im Indus-Tal direkt vom Hauptfluter gespeist. Bestrebungen der Regierung sehen eine weitere Ausdehnung des Bewässerungsfeldbaus im Indus-Tal vor. Für ein vertieftes Verständnis der Geologie, pleistozänen und rezenten Landschaftsentwicklung und der aktuellen Landnutzungsmuster wurde eine 10-tägige Trekking-Tour durch das Markha-Tal durchgeführt, dessen Start- und Endpunkte im Indus-Tal lagen. Der Markha-Trek ist einer der bekanntesten Trekking-Touren in Ladakh, und somit konnte gleichfalls der Einfluss des Tourismus auf die lokalen Lebensbedingungen in diesem peripheren Raum untersucht werden. Nach dieser Trekking-Tour führte die Exkursion ins Nubra-Tal, das 150 km nördlich von Leh in der sogenannten „Inner Line“ liegt. Hierbei musste der höchste befahrbare Pass der Welt, der Khardung La mit 5602 m, überquert werden, womit nochmals die sensitive Grenzposition von Ladakh demonstriert wurde.